Gemeinde Nebel (Amrum) – Bürgerentscheide zum Haus des Gastes
Informationen des Amtes
Das Amt Föhr-Amrum informiert die wahlberechtigten Bürger wie folgt:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
am 11.02.2024 finden in der Ihrer Gemeinde Bürgerentscheide zum Haus des Gastes statt. Über genauen Ort und genaue Zeit der Abstimmung und über die Möglichkeit einer Briefabstimmung informiere ich Sie gesondert.
In diesem Schreiben hier erläutere ich Ihnen die inhaltlichen Fragen, um die es bei diesen Bürgerentscheiden geht. Bei Wahlen haben Sie die Auswahl zwischen Personen oder Personengruppen, die in den Gremien unsere Gemeinwesen gestalten. Bei einer Abstimmung wie dieser geht es aber um Sachfragen. Hier wirken Sie unmittelbar an der Meinungsbildung Ihrer Gemeinde mit.
Bei einer solchen Abstimmung bin ich nach dem Gesetz verpflichtet, Ihnen dieses Informationsschreiben zukommen zu lassen. Hier lege ich pflichtgemäß folgendes dar:
Themen der Abstimmung, Standpunkte und Begründungen der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens, Standpunkte und Begründungen der Gemeindevertretung.
Bitte nutzen Sie dieses Schreiben nicht zur Abstimmung, eine solche Stimmabgabe wäre ungültig. Sie erhalten im Abstimmungslokal bzw. ggf. für eine Briefabstimmung gesonderte Stimmzettel.
Bei der Abstimmung können Sie dann über 3 Fragen entscheiden, und zwar über Bürgerentscheid 1 (Erhalt Haus des Gastes), über Bürgerentscheid 2 (Neubau Haus des Gastes) und über eine Stichfrage. Bei jeder dieser drei Fragen haben Sie zwei eigenständige und unabhängige Auswahlmöglichkeiten. Insgesamt können Sie also drei Kreuze auf dem Stimmzettel machen. Um folgende Fragestellungen geht es:
Bürgerentscheid 1 – Erhalt Haus des Gastes – zugelassenes Bürgerbegehren
Fragestellung:
Sind Sie dafür, dass die Anbauten des Haus des Gastes aus den 60er Jahren abgerissen und durch ein modernes Gebäude (ca. 250 m² Grundfläche) in Anlehnung an den derzeit geplanten Entwurf ersetzt werden, und dass die Villa von 1905 erhalten bleibt, energetisch und originalgetreu saniert wird?
Ja oder Nein
Begründung durch die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens
Die Villa „Haus des Gastes“ von 1905 ist das letzte erhaltene Sanatoriumsgebäude aus den Anfängen des Kurbetriebes auf Amrum. Mit seinem markanten Turm und seiner Architektur im Bäderstil prägt das Haus des Gastes das Ortsbild. Der Turm gab seinerzeit sogar den Anlass, den Kirchturm für die St.-Clemens-Kirche zu bauen.
• Unser Begehren Erhalt Haus des Gastes verschlingt weniger Steuergelder, spart Ressourcen und ist somit nachhaltiger.
• Das gesamte Gebäude weist eine solide Bausubstanz auf.
• Mit einem klug sanierten Altbau (im Erdgeschoss barrierefrei) und einem barrierefreien Anbau wird das Haus auf nachhaltige Weise für die Zukunft fit gemacht und in seiner Attraktivität gesteigert.
Naturschutz Die meisten alten Bäume im Kurpark und damit wichtige Biotope bleiben erhalten. Naturflächen, Brutplätze, Weinbergtulpenwiese bleiben erhalten.
Ensembleschutz Die St.-Clemens-Kirche, die historischen Grabsteine, der Kurpark und das Haus des Gastes stellen ein kulturhistorisches Ensemble dar, das durch einen z.T. unter Denkmalschutz stehenden Steinwall eingesäumt wird. Dieses Ensemble wird durch den Abriss und Neubau zerstört.
Raumnutzung Der gesamte Bedarf der Gemeinde (Veranstaltungsräume, Kinderbereich, Barrierefreiheit, Wertschätzung von Kultur und Natur) kann mit unserem Begehren abgedeckt werden. Zusätzlich bleiben eine Dauerwohnung und Wohnraum für Saisonkräfte erhalten. Barrierefreie Toiletten und Veranstaltungsräume, passend zum Bedarf der Gemeinde, liegen im Anbau. Einbau einer modernen Heizung, Elektrik, Wärmedämmung, sachgerechte Abdichtung und Ertüchtigung der Kellerwände lassen den Altbau nachhaltig, komfortabel und zeitgemäß werden . Bauen „im Bestand“ im Hochwasserrisikogebiet bedeutet: Man braucht keine „weiße Wanne“, das spart sehr viel Geld und Ressourcen. Die alte Villa erstrahlt wieder als Schmuckstück, außen und innen behutsam saniert.
Kultur Der Insel Amrum bleibt ein prägendes Bauwerk erhalten, das die Inselgeschichte der letzten 120 Jahre – mit allen hellen und dunklen Seiten – anschaulich erhält.
Nachhaltigkeit/Klimaschutz Unser Begehren spart Ressourcen und berücksichtigt weiterhin Aspekte der Grauen Energie und des CO2-Fußabdrucks. 50% des Energieverbrauches fallen bis zur Fertigstellung eines Gebäudes an. Somit ist Sanierung nachhaltiger als Abriss und Neubau.
Keine zusätzliche Grünfläche wird versiegelt. Das Bestandsgebäude versiegelt 450 m², der Neubau dagegen 877 m².
Brandschutz Im Begehren wird der Brandschutz vollumfänglich berücksichtigt.
Kosten Erhalt und Sanierung des bestehenden Gebäudes sind deutlich kostengünstiger als ein Abriss und Neubau. Es können KfW-Fördermittel und andere Mittel beantragt werden. Stiftungen haben Spenden zugesagt.
Akzeptanz Über 3300 Gäste stimmen für den Erhalt des Sanatoriums.
Der Neubau der Gemeinde bedeutet eine gigantische Zerstörung und Ressourcenverschwendung - für ein gesichtsloses Gebäude, das nicht zur lokalen Bebauung der Inseldörfer passt!
Bürgerentscheid 2 - Neubau Haus des Gastes – Vorlage der Gemeindevertretung
Fragestellung:
Sind Sie dafür, anstelle des alten Hauses des Gastes einen zeitgemäßen, förderfähigen Neubau für Insulaner und Gäste mit erforderlicher Barrierefreiheit, Energieversorgung nach neustem Standard, funktionalem Raumkonzept, notwendigem Brand- und Hochwasserschutz nachhaltig zu realisieren?
Ja oder Nein
Begründung durch die Gemeindevertretung
Die Gemeinde Nebel hat im Jahr 2012 ein nahezu deckungsgleiches Sanierungsvorhaben (inklusive Neubauteil) zum jetzigen Bürgerbegehren nach intensiven und komplexen (Fach-) Planungen und politischen Beratungen aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt.
Das damalige durchgeplante Bauvorhaben berücksichtigte Brandschutz, Barrierefreiheit, energetische Konzeption und ein neues Raum- und Nutzungskonzept. Dadurch konnte eine Förderfähigkeit auch energetischer Maßnahmen erreicht werden. Das Vorhaben konnte dennoch aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisiert werden.
Unsere Entscheidungsgründe für einen kompletten NeubauDer Handlungsbedarf rund um das Haus des Gastes hat sich in den Jahren zunehmend verstärkt. Gleichzeitig sind die Ansprüche an zeitgemäßes Bauen, Energieversorgung, touristische Einrichtungen und Angebote deutlich gewachsen. Multifunktionalität und
zeitgemäße Aufenthaltsqualitäten (Wohlfühlambiente und Mehrwerte) gewinnen insbesondere im Tourismus zunehmend an Bedeutung.
Die Platzverhältnisse und Raumzuschnitte sind schon jetzt nicht mehr zeitgemäß und unzureichend (z.B. Kinderprogramm, Gemeinschaftswohnraum DLRG im OG).
Die allgemeinen und baurechtlichen Anforderungen für eine zukunftsfähige Entwicklung sind aus Sicht der Gemeinde im vorhandenen Haus des Gastes nicht bedarfsgerecht zu realisieren.
Steigende Kostenentwicklungen und anspruchsvollere Maßstäbe für eine optimale energetische Versorgung kommen erschwerend hinzu.
Unsere Ziele:
1. Schaffung einer zeitgemäßen touristischen Infrastruktur und modernen Begegnungsstätte für die insulare Bevölkerung, Vereine und Verbände als auch für unsere Urlaubsgäste.
2. Nachhaltige Schaffung eines Gebäudes (mit Gründach), welches sich in Höhe und Optik zurücknimmt und das natürliche Umfeld nebst der St.-Clemens-Kirche als eines der Wahrzeichen Amrums in Wert setzt.
3. Großes Augenmerk auf einer langfristigen und zeitgemäßen Energieversorgung nach bestmöglichen Standards.
4. Deutliche Aufwertung der veralteten Angebote und Räumlichkeiten und erhebliche Verbesserung der Aufenthaltsqualität (Kinderbereich, Veranstaltungsbereich, Wahrnehmung des Weltnaturerbes Wattenmeer, Barrierefreiheit) u.v.m..
5. Inklusion und Barrierefreiheit in allen öffentlich zugänglichen Bereichen.
6. Synergetische und harmonische Anbindungen zwischen Kurpark und Gebäude.
7. Sicherlich hohe – aber langfristig kalkulierbare Kosten mit einhergehender öffentlicher Förderung im erforderlichen Rahmen.
8. Stärkung bzw. Ergänzung des gastronomischen Angebotes auf Amrum durch eine bedarfsorientierte Gastronomieeinrichtung insbesondere auch für Veranstaltungen.
9. Berücksichtigung des Hochwasserschutzes (Klimawandel).
10. Erhalt der touristischen Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinde Nebel.
Die Gemeindevertretung Nebel ist überzeugt, mit dem geplanten Neubauvorhaben nebst Kurparkgestaltung eine zukunftsweisende Infrastruktureinrichtung auch für die kommenden Generationen zu schaffen!
Stichfrage
Die beiden Fragestellungen „Erhalt Haus des Gastes“ und „Neubau Haus des Gastes“ sind inhaltlich nicht miteinander vereinbar – also widersprüchlich. Es kann ja sein, dass sowohl bei Bürgerentscheid 1 als auch bei Bürgerentscheid 2 mehrheitlich mit „Ja“ und mit dem erforderlichen Quorum abgestimmt wird. Beide Maßnahmen können aber nicht zugleich umgesetzt werden. Daher wird eine zusätzliche Stichfrage gestellt. Ziel der Stichfrage ist, dass auch dann eine verbindliche Entscheidung herbeigeführt wird. Daher wird Ihnen zusätzlich folgende Frage gestellt werden:
Fragestellung:
Falls beide Bürgerentscheide jeweils mehrheitlich mit Ja beantwortet werden und außerdem die in § 16g Abs. 7 GO vorgeschriebene Mindeststimmenanzahl erreichen, sodass die Abstimmungsergebnisse nicht miteinander zu vereinbaren sind: Welche Entscheidung soll dann gelten?
Bürgerentscheid 1
Vorlage des Bürgerbegehrens
Erhalt Haus des Gastes
oder
Bürgerentscheid 2
Vorlage der Gemeindevertretung
Neubau Haus des Gastes
Kostenschätzungen
Als Amtsdirektor bin ich auch Verwaltungsleiter. In dieser Eigenschaft bin ich verpflichtet, Sie über die aus meiner Sicht voraussichtlichen Kosten zu informieren. Diese betragen:
10.930.099 € für den Bürgerentscheid 1, Erhalt Haus des Gastes, zugelassenes Bürgerbegehren
9.343.649 € für den Bürgerentscheid 2, Neubau Haus des Gastes, Vorlage der Gemeindevertretung
Die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens sind mit diesen Kostenschätzungen nicht einverstanden. Sie beziffern die voraussichtlichen Kosten wie folgt:
8.294.110 € für den Bürgerentscheid 1, Erhalt Haus des Gastes, zugelassenes Bürgerbegehren
10.107.707 € für den Bürgerentscheid 2, Neubau Haus des Gastes, Vorlage der Gemeindevertretung
Alle Zahlenangaben sind Bruttobeträge, also die Gesamtkosten einschließlich Umsatzsteuer. Abzuziehen wären Fördermittel Dritter in noch nicht endgültig bekannter Höhe, die dann dem Gemeindehaushalt nicht zur Last fielen.
Aufruf zur Abstimmung
Nachdem ich Sie entsprechend meiner gesetzlichen Verpflichtung über die anstehende Abstimmung und die wesentlichen Hintergründe unterrichtet habe, verbleibt mir nur folgende Bitte: Machen Sie von Ihrem Abstimmungsrecht Gebrauch.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Christian Stemmer
Amtsdirektor
als Gemeindeabstimmungsleiter"